Wer in aller Welt schreibt freiwillig zwölf Jahre an einem Buch über das Glück? Die Gründe dafür liegen in meiner Biographie. Abgesehen davon dass Auf zwei Flügeln zum Glück. Die Verschmelzung östlicher und westlicher Denkweisen viel Zeit brauchte, habe ich das Thema Glück und Spiritualität bislang 24 Jahre erforscht, mit keinem Ende in Sicht. Glück ist meine Leidenschaft—und hier ist warum:
Ich wurde 1965 in Mönchengladbach, Deutschland geboren. Beide meiner Eltern hatten als Kinder den Krieg durchlebt, in all seiner Grausamkeit und mit anschliessendem Flüchtlingslager. Aus diesen und anderen Gründen war mein Elternhaus kein glückliches. Obwohl meine Mutter warmherzig und liebend war, fühlte sie sich meinem Vater gegenüber ohnmächtig. Er ließ seine Wut hemmungslos an ihr und den gemeinsamen Kindern aus. In der Hoffnung eine Lösung aus dem daraus resultierenden Leid in mir und anderen zu finden, beschloss ich als Sechszehnjährige, Psychologin zu werden.
Gleichzeitig sehnte ich mich nach wahrem Glück, nach dem offenen, losgelösten Leben. Immer wieder fragte ich mich, ob ich und andere so Leidende überhaupt Glück empfinden können. Die Frage wurde mein Zen Koan, ein Rätsel was man nicht rational beantworten kann, sondern subjektiv erleben muss. Leider verschlimmerte sich mein Leiden, obwohl ich mich mit meiner Spiritualität, mit Natur, Kunst und Musik an der Oberfläche halten konnte. Mit fünfzehn bekam ich das Geschenk des Himmels: eine Einführung in die Meditation. Tief erfüllt mit einer Sehnsucht nach Licht und Transzendenz, erwog ich das Klosterleben als meinen Weg.
Mit neunzehn Jahren begann ich ein anderthalb jähriges Praktikum in Bethel, Bielefeld, wo ich mit multisymptomatischen Epileptikern arbeitete. Während dieser Zeit machte ich Bekanntschaft mit Büchern über die Macht psychologischen Leidens und dass Spiritualität als Gegenmacht manchmal einfach nicht ausreicht. Ich glaube bis heute, unser Unglück kann so groß sein, das es das Glück verhindert.
Nach dem Praktikum immatrikulierte ich in der Freien Universität Berlin (FU), und zwar am Institut für Psychologie. Ein Traum ging in Erfüllung. Obwohl ich vieles genoss, einschliesslich meiner Vordiplomarbeit–Der Kreative Geist—kam ich nicht gegen meine Symptome von posttraumatischer Belastung an, trotz Schreiben, Stille und Gehmeditation. In meiner Verzweiflung flog ich nach Los Angeles, Kalifornien, um im Primär Institut für zwei Jahre eine rigorose Psychotherapie mit Vivian Janov zu machen.
Nachdem ich mich gleichsam stärker und entspannter fühlte, entwickelte ich Vertrauen in die Welt und kehrte nach Berlin zurück. Überaus froh darüber, dass meine inneren Veränderungen standhielten, beendete ich mein Diplomstudium.
Die FU stellte mich für mehrere Forschungsprojekte ein, nachdem ich der Benutzung des Facial Action Coding System (von Ekman und Friesen) trainiert war, eine Methode zur objektiven Beschreibung nonverbalen Verhaltens. Frame für Frame kodierte ich „Das Lächeln bei Depressiven PatientInnen“ für meine Diplomarbeit. Hier ergab sich, dass depressive Menschen nach einem Lächeln signifikant öfter antagonistische Muskelbewegungen, wie zum Beispiel Lippenpressen, machen. Wie aufschlussreich es war, mir ausgerechnet das Lächeln auszusuchen, erkannte ich erst im Nachhinein.
Lächeln wurde einfacher für mich, sowohl das Anlächeln als auch das Mitlächeln, mit anderen Menschen und mit dem Leben schlechthin. Meine innere Stille, zu der ich schon als Kind Zugang hatte, wurde grösser. Ich arbeitete viel, aber gelassen. Und dann, an einem ganz normalen Tag—während ich die Treppe der U-Bahnstation Malplaquet Straße in Berlin hochstieg—füllte ich mich mal wieder mit meinem Zen Rätsel: „Kann ich glücklich sein?“ Die Antwort schlug ein wie ein Blitz. Ich hielt inne, mitten auf der Treppe, und merkte, dass ich glücklich war. Es gab nichts zu erreichen. Ich war angekommen.
Das erste Mal in meinem Leben machte alles einen Sinn; jeder Teil meiner Erfahrung war in Harmonie. Es war kein hübsches Bild was sich in mir ausbreitete—die schrillen U-Bahngeräusche und der muffige Geruch existierten weiter—aber es war ein perfektes Bild an dem ich, alle und alles teilhatten. Obwohl mich dieses Erwachen grundlegend veränderte, erzählte ich niemanden davon. Es fühlte sich sofort normal an.
Mit diesem Moment begann meine intensive Beschäftigung mit und schließlich meine Forschung über das Glück. Ich schloss mein Studium ab und wurde in vielen Therapien ausgebildet: psychodynamische Therapie, kognitive Verhaltenstherapie, Hypnose, und Buddhist-orientierte Therapie. Die starren Grenzen zwischen den Ansätzen empfand ich nunmehr als unsinnig. Kein einziger Ansatz war hinreichend. Nachdem ich als Einzelfallhelferin für Berliner Bezirksämter gearbeitet hatte, kehrte ich 1994 in die Staaten zurück, um mich von Vivian Janov ausbilden zu lassen.
Ich studierte noch einmal Psychologie im Ryokan College, Los Angeles. Das College ist nach dem japanischen Mönch Ryokan benannt und bot wesentlich mehr Praxis an als ich gewohnt war, inklusive östliche. Meine empirische Doktorarbeit (Leaving the Circle: The Phenomenon of Emigration) untersuchte, warum Immigranten die Heimat verlassen, während andere, unter den gleichen Umständen, in der Heimat bleiben. Mein Leben wurde mit meiner eigenen Immigration größer; mehr Grenzen fielen weg; mehr Kategorien schmolzen dahin. Im Jahr 2001 durfte ich mich wieder offiziell Psychologin nennen.
Wegen der Einseitigkeit damaliger Therapien im Allgemeinen, als auch wegen Janovs‘ Ablehnung meiner Leidenschaft für das Glück und Spiritualität im Besonderen, verließ ich das Institut 1999. Im gleichen Jahr fing ich an Auf Zwei Flügeln zum Glück zu schreiben. Ich fühlte mich immer mehr zu östlichen Religionen und Philosophien hingezogen, besonders zum Zen Buddhismus und Taoismus. Beide spielten eine immer grössere Rolle in meinem Leben.
Schliesslich fing ich im Jahr 2004 an, Zen Buddhismus mit Bernard Kakushin Silvers–einem Dharmaerben von Maezumi Roshi–zu studieren. Bernie war für viele Jahre Präsident des Zen Zentrums in Los Angeles (Zen Center of Los Angeles). Seit er es 1984 verließ, praktiziert und lehrt er Zen mit Mitgefühl und Offenheit. Sein nicht-kategorischer Stil half mir, Zen als mein spirituelles Zuhause zu betrachten.
Im Jahr 2010 gab ich mich einer zweiten Leidenschaft hin, nämlich dem Leben und der Arbeit von Mileva Maric und Albert Einstein. Meine Entdeckerreise führte mich nach Serbien und in die Schweiz, gekrönt von einem Auftritt im Serbischen Fernsehen. Das Beste steht allerdings noch an: die Fertigstellung meines historischen Romans.
2012 wurde dann endlich die englische Version von Auf Zwei Flügeln zum Glück von Sounds True verlegt. Es gewann einen Preis (A Best Spiritual Book). Im gleichen Jahr gründete ich mein Zentrum (Los Angeles Center for Zen Psychology), Zen-Psychologie (ZP) und Zen-Psychologie Therapie (ZPT). Ich betrachte Zen-Psychologie als eine neue Art des Zen, ein weit-offener Weg des Lebens. Zen-Psychologie ist ein natürlicher Auswuchs der ersten wirklichen Ost-West Synthese.
Bis zur Formulierung der Zen-Psychologie Therapie (ZPT), die ich in meinem Zentrum praktiziere, brauchte es dann noch zwei Jahre. Schliesslich stellte ich sie vor: in Radio- und Internet Fernsehshows; Vorträgen; und dem renommierten CAMFT Magazin. Höhepunkte waren Lesungen in der Antioch Universität; Biola Universität (APA Division 36; 12th Annual Mid-Year Conference on Religion and Spirituality); und in Shanghai, im Rahmen des Weltkongresses für Psychotherapie (IFP), wo ich auch Vorsitzende war. Es war besonders bedeutsam in China zu lehren, dem Herkunftsort des Zen Buddhismus und Taoismus. Zu meiner Überraschung, wurde ZPT mit offenen Armen empfangen. In der Hoffnung, daß sich Ideen über das Glück als „volle Teilhabe am Leben“ verbreiten, blogge ich seit 2012 für Psychology Today.
Der Manjughosha Verlag übersetzte 2014 Auf Zwei Flügeln zum Glück. Die Verschmelzung östlicher und westlicher Denkweisen ins Deutsche. Am 10. Januar 2015: Vortrag über „Zen-Psychologie and Zen Psychology Therapie“ für die Deutsch-Chinesische Akademie für Psychotherapie in Frankfurt; am 11. Januar 2015: Vortrag über „Auf Zwei Flügeln zum Glück. Die Verschmelzung östlicher und westlicher Denkweisen“ in der Villa Sponte in Bremen. Für Aktuelles, bitte Kalender oben klicken.
Was mein privates Leben anbelangt, habe ich die grösste Liebe meines Lebens gefunden und mich von ihr finden lassen: Steven Polard. Wir haben drei Kinder und leben in den Bergen von Los Angeles, Kalifornien.